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Bericht: JKA Europe Gasshuku 2025 in Prag

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Organisation
Dieses Jahr fand das JKA-Europe Gasshuku vom 14. bis 16. November in Prag statt. Dieser Anlass ist das wichtigste JKA-Treffen in Europa, Instruktoren- und Schiedsrichter-Qualifikationen und Prüfungen zum 7. Dan können nämlich nur alle 2-3 Jahre dort gemacht werden. Die Organisation wurde von JKA-Tschechien in Zusammenarbeit mit dem JKA-Honbu Dojo Japan übernommen und war vom Anfang bis zum Schluss hervorragend. Das Gasshuku umfasste zwei Trainingstage für Weiterbildung und Vertiefung, am dritten Tag fanden dann die Prüfungen statt.

Eintreffen
Als offizielles JKA-Hotel wurde das Grand Hotel Don Giovanni organisiert. Das Hotel hat einen hohen internationalen Standard und ist sehr empfehlenswert – vielleicht auch einmal für einen Städtetrip. Das Preis-Leistungs-Verhältnis war für den Schweizer Franken absolut attraktiv. Unsere SKR-Gruppe mit Tommaso Minì, Christian Mundwiler, Peter Buhofer und Mehmet Hayda reiste schon am Donnerstag an und konnten in einem bekannten Restaurant den Gasshuku Vorabend entspannt geniessen. Ich selbst reiste erst am Freitag morgen an und wegen der Verspätung des Fliegers reicht es mir erst zum Nachmittagstraining.

Freitag 10h – Einchecken in der Halle
Tommaso hat beim Einchecken in der Halle alle Formalitäten für uns erledigt und uns die farbig gedruckten Tickets gegeben. Die waren sehr gut gemacht. Abgebildet waren unsere drei JKA Honbu Instruktoren:

  • Ogura Yasunori Sensei (JKA Vice Chief Instructor)
  • Imamura Tomio Sensei (vierfacher Kumite-Champion) – angereist für Oishi Takeshi Sensei, JKA Chief Instructor
  • Akiyama Kyoko Sensei (Damen-Kumite-Champion 2025)

Beim Eintreten in die Halle wurde man mit der imposanten Ringkonstruktion mit Flaggen überrascht, siehe oben. Das Bild von unserem Stilgründer Funakoshi Gichin hat mir besonders gut gefallen, es ist eine respektvolle Würdigung der Organisatoren. In einer Ansprache wurde uns erklärt, dass vor hundert Jahren Funakoshi Gichin das Karate von der Präfektur Okinawa nach Tokio brachte. Dies alles ist in seinem Buch “Karatedo mein Weg“ zu lesen, ich finde es sollte in keinem Bücherregal eines Shotokan-Karatekas fehlen.

Freitag 15-16h – das Training beginnt
Mit diesen positiven eindrücken ging das Training pünktlich los. Die erste Stunde leitete Ogura Sensei. Wie auch in Bern waren seine Instruktionen ruhig und immer gut nachvollzierbar. Er legte grossen Wert auf präzise Übergänge zwischen den Techniken, z.B. bei der Kihon-Kombination. Ganz besonderes Augenmerk galt dem Wechsel von Choku-Zuki im Kiba-Dachi hin zu Gyaku-Zuki im Zenkutsu-Dachi und zurück zu Choku-Zuki im Kiba-Dachi. Und das alles stets mit Fokus auf saubere Stände, gute Hüftrotationen und exakten Timings.
Anschliessend zeigte uns Ogura Sensei Bassai Dai. Man kann nur staunen, wie geschmeidig und kraftvoll diese Kata aussehen kann, wenn sie von ihm vorgeführt wird. Diese Ausführung sollte unser Ziel sein. Wir übten anschliessend noch etwas Kumite, was allerdings auch noch etwas länger hätte dauern dürfen.
Ogura Sensei nahm sich auch die Zeit, uns über die Anliegen des JKA-Honbu Dojo zu informieren. Die oben vorgestellte Kihon-Kombination zum Beispiel soll gut geübt werden und ins Alltagstraining eingebaut werden. Auch sollen die JKA-Danträger möglichst oft internationale Trainings-Gelegenheiten nutzen, damit das JKA-Honbu Dojo und JKA-Europe in häufigem und gutem Kontakt stehen. Ich finde diese Aussage sehr verbindend und schön.

Freitag 16-17h – das Training geht weiter
Die zweite Stunde leitete Imamura Sensei. Sein Fokus lag klar auf den Details der Kihon-Abwehrtechniken. Er zeigte mehrmals, dass sich bei Blocks die beiden Arme gut berühren sollen. Auch die Kraftübertragung von den Füssen nach oben betonte er. Das ist etwas, das man zwar kennt, aber immer wieder ins Bewusstsein holen sollte. Auch zeigte er beim Zurückgleiten aus dem Zenkutsu-Dachi, dass das vordere Bein sich leicht strecken soll. Das habe ich ausprobiert und es war hilfreich.
Seine klare und freundliche Art zu betonen, dass man auch die kleinsten Details richtig zu machen hat, war absolut toll. Wenn ein mehrfacher Kumite-Champion aus seiner Erfahrung so unterrichtet, dann hat das erst recht eine grosse Bedeutung.

Freitag – nach dem Training
Nach dem interessanten Start in das Gasshuku, war es Zeit, sich auch den anderen wichtigen Dingen zu widmen. Also trafen wir uns um 19 Uhr in der Hotellobby. Das geplante Restaurant war zwar schon ausgebucht, aber Christian konnte im hoteleigenen Restaurant noch reservieren. Das war eine gute Wahl, sowohl die Weinkarte wie auch das Essen waren ausgezeichnet und wir hatten einen angeregten und lockeren Abend. Ausserhalb vom Training mal gemeinsam Zeit zu verbringen, gibt gute und interessante Momente und macht einfach Spass.

Samstag 10-12h und 14-16h – zwei Trainigseinheiten
Akiyama Sensei blauIn der einen Hälfte der Halle wurden Qualifikationen für Prüfungsexperten und Schiedsrichter durchgeführt. In der grösseren Hälfte übten wir am Morgen und am Nachmittag Kata.
Ogura Sensei zeigte uns Kanku Dai und liess uns sehen, wie die Kata auf höchstem Level ausieht. Da war keine Hektik, keine unnötige Härte, dafür durchgehend fliessende Bewegungen. Ogura Sensei liess Akiyama Sensei einzelne Sequenzen vorführen. Ihre Techniken sind unglaublich dynamisch und präzise. Kein Wunder, als Kumite Champion hat sie grosses Talent und unzählige harte Stunden im Dojo verbracht, großartig.
Von Imamura Sensei gab es viele Erklärungen zu Details aus den Katas. Zwei Beispiele: bei Kanku Sho soll man den Arm deutlich nach vorne bringen und den Handrücken nach dem Greifen beim Hikite oben lassen, bei Jion soll man am Schluss beidseitig mit Yori-Ashi gleiten.
Die letzte Kata-Stunde leitete Akiyama Sensei souverän und beantwortete alle Fragen geduldig. Bereits beantwortete Fragen sollten nicht mehrmals an die Senseis gestellt werden. Solche Zeitfresser könnte man besser fürs Training nutzen.
Sie erntete zuletzt einen langen Applaus – es wäre schön, wenn man sie in Zukunft wieder sieht.

Samstag – nach dem Training
Am Abend waren wir nicht komplett. Tommaso hatte mit JKA-Leuten einen gesellschaftlichen Anlass. Wir anderen fuhren mit dem Taxi zu einer Pizzeria. Ein lustiger Kontrast zum Hotelabend zuvor, angefangen bei der auf wenige Weine begrenzten Karte. Aber das Essen war gut, die Bedienung locker und die Stimmung ebenso. Was will man mehr? Mit dem Taxi ging es zurück ins Hotel. Mein spezielles Taxi-Erlebnis in Prag hatte ich mit einem Taxi-Driver, der mir sein Übersetzergerät während der Fahrt immer wieder nach hinten streckte, damit ich alles, was er sagte auf Schwiizertüütsch hören konnte – perfekt übersetzt vom Feinsten, übrigens!

Sonntag 09-15h– Prüfungstag
Von 9 bis 15 Uhr wurden die Prüfungen bis zum 7. Dan durchgeführt. Es war Unterschiedliches zu sehen – altersbedingt auch verständlich, denn in den höheren Dan-Graden tritt oft eine etwas ältere Gruppe an. Im Gegensatz zu dem, was wir hier gesehen haben, sind unsere SKR-Senseis in absoluter Bestform – Kompliment. Bei den Katas musste Bunkai gezeigt werden, das ist mittlerweile zum Standard geworden. Hier hat JKA-Europe noch einiges zu tun, damit das Niveau angehoben werden kann. Gefordert waren Anwendungen aus den offiziellen JKA-Kata-Videos – keine verrückten Fantasieformen, wie man sie manchmal auf YouTube sieht. Mein Eindruck war, dass alle Prüfungsexperten sehr entgegenkommend waren – man hörte keine unnötig scharfen Befehle, sondern es wurde respektvoll und sachlich beurteilt. Pünktlich um 15 Uhr gingen die Prüfungen zu Ende.

Sonntag 17h – Prüfungsresultate + Gasshuku Abschluss
Die Rangverkündung erfolgte um 17 Uhr im Hotel Don Giovanni. Für Tommaso und Christian war es dieses Jahr sehr entspannt, kein Prüfungsstress, kein Warten auf das Resultat, einfach dabei sein. Wenn ich bedenke, wie oft unsere Senseis unterwegs sind, dann finde ich ihr Dabeisein enorm engagiert und vorbildlich.
Wir tranken noch gemütlich ein Bier im Hotel. Beim Eintreffen von Ogura-, Imamura- und Akiyama Sensei in die Lobby, gingen Tommaso und Christian aus Respekt für die Verabschiedung auf die Senseis zu und wir andern schlossen uns an. Eine schöne Geste, die von den Senseis aus Japan sicher geschätzt wird. Wie heisst es doch im Dojo-Kun Nr. 4: „Hitotsu! Reigi o omonzuru koto“ – Achte die Etikette.
Dann war es Zeit, sich langsam auf den Heimweg zu machen. Mehmet fuhr früh los, 6–7 Stunden Autofahrt sind nicht ohne, wobei ihn das scheinbar kaum anstrengt. Für uns bedeutete es: zum Flughafen, vorher noch etwas essen und um 20:10 Uhr nach Zürich fliegen. Dort um 21:20 Uhr angekommen, ging dann jeder mit den erlebten Eindrücken auf seinen Heimweg.
Es waren drei grossartige und lehrreiche Tage in Prag. Für einen gemütlichen Städte-Bummel fehlte allerdings die Zeit. Aber Prag ist wieder eine Reise wert.
Für mich war es interessant, als Aussenstehender sehen zu können, was es alles braucht, damit unser SKR im JKA aktiv und akzeptiert ist. Dass das so ist, konnte man gut sehen, denn Tommaso und Christian waren respektierte und gern gesehene Vertreter der Schweiz. An dieser Stelle ein grosses Dankeschön – denn der Aufwand im Hintergrund ist grösser als man es von aussen sieht.
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Was bleibt? Der Spirit des JKA-Honbu Dojo, die Begegnung mit ihren Instruktoren, ihre Bemühungen, uns auf unserem Karatedo zu unterstützen, die gemeinsamen SKR-Abende – und die Motivation, immer weiter an sich zu arbeiten.

Oss, Heinz Tolotto

PS: Blaue Fotos von JKA-Spanien. Danke.